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Kostümbild – Der Stoff, aus dem die Kinoträume sind

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Visual & Special Effects – Der Griff in die Trickkiste

Drehbuch

I. Einführung: Weißes Papier und viele Ideen

Ein großer, alter Schreibtisch, davor ein gemütlicher Sessel, die eigene geliebte Schreibmaschine und Dutzende von Ideen im Kopf, heißer Tee, der Blick schweift aus dem Fenster, die Gedanken fließen nur so aufs Papier und Regisseure reißen sich um die Verfilmung – so romantisch-verlockend die Vorstellung vom Autorendasein oftmals erscheint, die Realität ist viel nüchterner: Bücherschreiben ist harte Arbeit und Drehbuchschreiben erst recht!

Aber warum eigentlich? Die Idee zum Film ist bereits geboren, das Team vielleicht schon verpflichtet, eine Romanvorlage gibt es womöglich auch – wozu braucht es noch ein spezielles Drehbuch und die langwierige Arbeit eines Autors? Die Handlung ist schließlich bereits erfunden...

Drehbuchschreiben heißt, eine Geschichte in bewegten Bildern zu erzählen. Der vorhandene Stoff wird nach filmischen Gesichtspunkten in eine dramaturgische Form gebracht: Haupt- und Nebenhandlung, Dialoge, handelnde Personen – alles muss in einen schlüssigen Zusammenhang gestellt werden und dabei spannend bleiben. Es ähnelt einem Puzzlespiel, von dem man nicht immer genau weiß, wie viele Teile es eigentlich hat. Vom Exposé zum Treatment über die erste Rohfassung hin zum endgültigen Drehbuch vergehen nicht selten Monate oder gar Jahre, die dem Autor viel Geduld und Kreativität abverlangen.

Doch während Romane Gefühle und Gedanken erzählen können, muss ein Drehbuch sie filmisch beschreiben und durch Bilder oder Symbole ersetzen – Drehbücher sind Kino im Kopf! Drehbuchautoren schaffen Szenen, geben technische Anweisungen, entwerfen Dialoge und fixieren im Idealfall alle Ideen rund um den Film. Vieles lässt sich erzählen, lesen, sogar vorlesen, von Schauspielern darstellen aber lässt es sich deshalb noch lange nicht.


II. Wissen: Von der Idee zur Szene

II.1 Arbeitsschritte bis zur Endfassung

Kein Drehbuch entsteht aus einem Guss. Es entwickelt sich vielmehr über verschiedene Zwischenstationen in einem kleinteiligen Schaffensprozess.

II.2 Allgemeiner Aufbau und Layout

Ein Drehbuch ist kein Roman, der mitreißend erzählt und detailreich ausgeschmückt wird, sondern eher die Bauanleitung für einen Film. Bilder und Szenen müssen deshalb vor allem einprägsam und unmissverständlich dargestellt sein. 

Formal gibt es noch keine verbindliche Norm für Drehbücher, aber unter den Autoren haben sich einige allgemeine Richtlinien durchgesetzt: Auf dem Deckblatt werden Titel, Version, der/die Autor/en und die Anschrift angegeben. Relativ üblich ist eine nicht-proportionale Schrift, wie z.B. Courier New. Die Schriftgröße sollte 12pt nicht unterschreiten, der Zeilenabstand ist ein- oder 1,5-zeilig. Die Ausrichtung erfolgt hochformatig auf A4 mit mindestens 3 cm breiten Rändern.

  • Jede Szene sowie alle Szenenübergänge beginnen mit einer in Großbuchstaben notierten  Szenenüberschrift, die angibt, ob es sich um eine Innen- oder Außenaufnahme handelt, wo die Szene spielt und zu welcher Tageszeit. Zu bedenken ist dabei, dass Abend- bzw. Morgenszenen zwar stimmungsvoll, aber als Drehzeitraum nur sehr kurz sind und vom Filmteam schwer eingefangen werden können: INNEN/KÜCHE/TAG
  • Daran anschließend folgt die Handlungsanweisung, in der die agierenden Personen und ihr Handeln kurz beschrieben sind: Kinofilme leben zwar weniger von Rede und Gegenrede als das Fernsehen, Dialoge sollten dennoch äußerst sorgfältig gestaltet werden.
  • Kinofilme leben zwar weniger von Rede und Gegenrede als das Fernsehen, Dialoge sollten dennoch äußerst sorgfältig gestaltet werden.
  • In amerikanischen Drehbüchern sind oft exakte Kamerabewegungen wie z.B. Schwenk oder Zoom notiert. Im deutsprachigen Raum ist dies unüblich. Ziel sollte es stets sein, das Drehbuch so zu schreiben, dass Kameramann und Regisseur beim Lesen bereits eine Einstellung vor ihrem inneren Auge sehen.
  • Szenenübergänge sind, dramaturgisch gesehen, besonders wichtig. Häufig beenden sie eine Szene, wenn diese gerade besonders spannend ist, um die Intensität einer Geschichte aufrecht zu erhalten. Im Gegenzug ist es auch möglich, die Szene fortzuführen, um dem Zuschauer einen Moment der Erholung zu gönnen. Szenenwechsel können deutliche Akzente wie einen Zeitsprung oder Traumsequenzen markieren.
  • Der Schluss ist der Punkt, auf den die Dramaturgie einer Geschichte zusteuert. Er vollendet den Film konsequent und überrascht den Zuschauer im Idealfall mit unerwarteten Entwicklungen. Es ist jedoch abwegig, alles, was vorher erzählerisch aufgebaut wurde, rigoros beiseite zu schieben und ein künstliches Ende zu erfinden. Wie auch immer ein Film ausgeht, sein Schluss sollte nicht von der zuvor erzählten Geschichte losgelöst sein.

II.3 Für die Umsetzung

Wenn der äußere Rahmen steht, gilt es, die Einzelszenen zu formulieren. Für ein Drehbuch sind – im Gegensatz zu Prosatexten – einige handwerkliche und sprachliche Besonderheiten ein Muss.

Verwende ...

... stets Präsens

Drehbuchszenen spielen immer in der Gegenwart. Ru?ckblenden oder Zeitspru?nge werden durch Kame- raeinstellungen, Schnitte usw. verdeutlicht.

... Dialoge mit kurzen, klaren Sätzen

„Ich versuche, an Schauspieler zu denken, wenn ich Dialoge schreibe [...]“ (W. Kohlhaase, Autor) Ein Drehbuchautor muss sich zur Genauigkeit zwingen und bedenken, dass lange Sätze, die sich problemlos lesen lassen, fast nie in dieser Form gesprochen werden.

... Kontraste und Gegenspieler

Genauso wie Gegenspieler eine Geschichte beleben, verleihen ihr auch temporale und lokale Kontraste eine Dynamik. Der Detektiv, der einen Mörder sucht oder der afrikanische Einwanderer, der sich plötzlich in einer europäischen Großstadt zurechtfinden muss, treiben das Geschehen merklich voran.

... glaubwürdige Filmfiguren

„Das ist eine Arbeit, ähnlich wie bei einem Bildhauer, der langsam aus seinem Rohmaterial die Gestalt herausformt.“ (C. Fromm, Autor) Filmcharaktere müssen den Zuschauer fesseln. Er muss ihre Ziele kennen, andernfalls werden Figuren schnell beliebig und langweilig. Der Autor fragt sich deshalb immer, was bzw. wohin sein Protagonist will und bietet den Zuschauern eine Identifikationsfläche an.

... eine sinnvolle Erzählperspektive

So wie ein Märchenerzähler das Vertrauen der Kinder besitzt, genießt die filmische Erzählperspektive das Vertrauen des Zuschauers. Oft werden Geschichten aus der Sicht der Hauptfigur erzählt, sodass das Publikum genau so viel weiß wie der Filmheld und unmerklich zum Verbündeten wird.

... passende Örtlichkeiten

Räume transportieren Bedeutungen und tragen eine Szene mit: Büros strahlen Arbeit, belebte Straßen Geschäftigkeit aus. Zugleich können Orte die emotionale oder psychische Situation der Figuren symbolisieren: Ein ödes Feld wird den verwirrten Helden schutzloser erscheinen lassen, als wenn er gedankenversunken bei einem Freund auf dem Sofa säße.

... Wetter und Jahreszeiten

Auch die Auswahl der Wettersituation beeinflusst das Befinden der Filmfiguren. Regen oder starker Sturm können generelles Unwohlsein in eine Situation bringen, aber auch befreiend oder reinigend wirken. Dieses Stimmungsstilmittel sollte jedoch vor-sichtig eingesetzt und keinesfalls überreizt werden.

... Wendepunkte und dramaturgische Elemente

Filme werden ebenso wie Theaterstücke oder Prosa in einer Spannungskurve erzählt, die den Handlungsbogen geschickt von der Ausgangssituation über Konflikte und plötzliche Wendungen bis zum Ende spannt.

... authentische Szenen

Gute Geschichten brauchen vorweg eine gründliche Recherche. Orte, Typen oder Milieus, die beschrieben werden, sollte man kennen. Das heißt nicht, dass jeder Schauplatz erst bereist, Moden und Dialekte 1:1 übernommen werden müssen oder Science-Fiction-Geschichten nicht erlaubt wären. Ziel ist es aber, Denkweisen und Gefühle hinter der Sprache zu erspüren und Charakteristika zu entdecken.

Vermeide ...

... ‚unsichtbare‘ Handlung

Ein Drehbuch verzeichnet ausschließlich Geschehen, das später auch auf der Leinwand gezeigt bzw. gehört werden soll.

... unwichtige Informationen

Details müssen nur unterstreichen, worauf der Zuschauer aufmerksam gemacht werden soll. Regieanweisungen werden also möglichst knapp gehalten.

..., alle Ideen auf einmal unterbringen zu wollen

Auch wenn man brillante Einfälle hat, sie haben nicht alle in einem Drehbuch Platz. Ganz wichtig ist es, die eigenen Gedanken und Texte zu kürzen und gezielt auszuwählen, bis ein stimmiges Bild entsteht.

... einen geradlinigen Handlungsverlauf

Um dem Zuschauer im Voraus so wenig wie möglich zu verraten, muss die Handlung möglichst vielschichtig sein. Eine lineare Erzählung von Anfang bis Ende ist oft wenig unterhaltsam und verschenkt Spannung, die durch ungewöhnliche Wendungen, erhellende Rückblenden o.ä. erhalten bliebe.

... durchschaubare Figuren

Wenn Filmfiguren oder ihr Handeln dem Zuschauer keinerlei Rätsel mehr aufgeben, läuft ein Drehbuch Gefahr, sich im Belanglosen zu verlieren. Protagonisten sollten deshalb möglichst vielschichtig und mit kleinen Geheimnissen ausgestattet werden.

Ich kann nicht schreiben...
Wie jeder andere Beruf auch, geht der des Drehbuchautors nicht immer leicht von der Hand. Ein Patentrezept, mit dem sich klassische ‚Stolpersteine’ überwinden lassen, gibt es – abgesehen von handwerklichen Fähigkeiten, die man trainieren kann – leider nicht. Jeder Autor ist anders und nähert sich demzufolge auch seinen Geschichten und Figuren in individueller Weise. Wichtig ist es, die eigenen Bedürfnisse für den kreativen Schreibprozess zu kennen und Schreibhemmungen mit kleinen Belohnungen, regelmäßigen Pausen oder bestimmten Ritualen bewusst zu überwinden.


III. Anwendung: Dramaturgisch denken – Drehbücher schreiben

III.1 Rezeptive Filmbildung

  • Die Schüler sehen und bewerten das 24-Interview mit dem Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase. In diesem Zusammenhang setzen sie sich mit seiner Behauptung auseinander, ein Drehbuchautor schreibe immer irgendwo ab und erörtern, warum Kohlhaase dies sogar für zulässig und förderlich hält.
  • Die Schüler informieren sich über die Drehbuch-Beispiele auf 24. Sie formulieren Eindrücke und diskutieren Fragen oder Anmerkungen. Danach erhalten sie die erste Seite eines ihnen unbekannten Drehbuchs oder Romans. Sie skizzieren in wenigen Sätzen, wie die betreffende Eingangsszene fortgeführt werden könnte. Abschließend vergleichen sie ihre Ausführungen mit der Fortsetzung im vorliegenden Drehbuch bzw. Roman.
    Fragestellung: Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten kennzeichnen Drehbücher und Prosaliteratur?

 

III.2 Aktive Filmbildung

  • Die Schüler lesen einen kurzen Prosatext, gliedern diesen in sinnvolle szenische Abschnitte und betiteln sie mit kurzen, aber aussagekräftigen Szenenüberschriften.
    Fragestellungen: Nach welchen Kriterien können die einzelnen Abschnitte unterteilt werden? Wann erscheint es sinnvoll, eine neue Reihenfolge festzulegen? Welche Anhaltspunkte für die Umsetzung in einem Szenarium ergeben sich daraus womöglich?
  • Die Schüler schreiben ein Romankapitel exemplarisch in eine Drehbuchszene um. Dabei sollen auch die in Kapitel II.2 beschriebenen formalen Vorgaben und die Schreibtechniken eines Drehbuchs berücksichtigt werden. Anschließend kann die Szene in der Klasse darstellerisch improvisiert werden.
    Fragestellungen: Wie vermittelt das Buch Wissen und Gefühle? Welche Erzählinformationen fallen durch das Umschreiben weg? Worin ist die filmische Erzählung dem ursprünglichen Buchkapitel womöglich überlegen, wo zeigen sich Defizite? Welche Schwierigkeiten ergeben sich aus der Umsetzung einer Romanvorlage?

IV. Weiterführende Literatur und Weblinks

  • Hermann, Ulrich: Stoff. Von der Idee zum Drehbuch, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2005.
    (Interviews mit deutschen Drehbuchautoren über die Praxis des Schreibens)

Was ist ein Drehbuch?

Natürlich muss hier als erstes der berühmte Satz von Billy Wilder zitiert werden, wonach ein guter Film drei Dinge braucht: Ein gutes Drehbuch, ein gutes Drehbuch – und ein gutes Drehbuch. Das Drehbuch liefert, Szene für Szene, eine Art Blaupause für das Drehen das Films. Alles was man sieht oder hört, jeder Dialog ist darin verzeichnet. Erklärungen des Autors und langatmige Beschreibungen aber haben darin wenig Platz – es muss sich, wie der spätere Film beim Sehen, auch beim Lesen schon von selbst erklären. Weil Änderungen in der Drehbuchphase noch am billigsten sind, wird die Arbeit des Autors gern unterschätzt – wogegen auch Billy Wilder (der als Autor begann) zeitlebens vehement protestiert hat. Und es stimmt ja auch: Wenn schon das Drehbuch nicht stimmt, kann kein Genie der Welt daraus noch einen guten Film machen.